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Was ist, wenn wir sie up-skillen und sie gehen? Was ist, wenn wir es nicht tun, und sie bleiben?“

Eine provokante Diskussion beim Founders Fight Club auf der Zukunft Personal 2024 in Köln. Zum Thema „Zukunftsorientierte Entscheidungsfindung: Engagement und Skills durch innovatives Lernen“ hat arq decisions Gründer Dr. Niklas Wallmeier seine Sichten auf die Skillment-Themen der Zukunft in den Kampf geschickt.

Host: Die kontinuierliche Fähigkeitenentwicklung führt zu einer Überqualifizierung der Mitarbeiter, was die Karriereentwicklung behindert, und die Fluktuation erhöht.  

Wallmeier: Was ist, wenn wir sie entwickeln, und sie gehen. Ich frage, was ist, wenn ihr sie nicht entwickelt und sie bleiben? Kann es eine Antwort sein, ausschließlich mit der Qualifizierung, die wir heute im Griff haben, morgen Probleme lösen zu wollen? Die Frage muss eher sein, wo setze ich meine Schwerpunkte. Was sind Fähigkeiten, die uns strukturell weiterbringen, mit denen man auch eine Kultur prägen kann. Eben nicht nur die Fähigkeiten, die man sofort greifen kann.

Host: Unternehmen, die auf innovative Lernmethoden setzen, schüren unrealistische Erwartungen an Mitarbeiter und überfordern sie letztlich.  

Wallmeier: Das ist möglich. Gilt aber auf keinen Fall absolut. Innovativ bedeutet schließlich nicht Lösung, sondern neu dort, wo Raum für einen neuen Lösungsversuch war. Man muss allerdings klären, was die strategischen Ziele sind: was sollen die Mitarbeiter erreichen, wie viel Zeit ist dafür notwendig, und wie viel Zeit sind wir bereit zu investieren, ggf. auch mit zweiten und dritten Anläufen. Lernen geht leider nur über Fehler. Und die muss man einplanen und aushalten können.

Host: Strategisches Upskilling ist eine Verschwendung von Ressourcen – wer keine Entscheidungskompetenzen hat, wird sie auch durch modernes Lernen nicht entwickeln.  

Wallmeier: Riesen-Widerspruch. Nicht jeder muss alles können. Gerade Entscheidungskompetenz, in erster Linie Einschätzungskompetenz lässt sich hervorragend trainieren und entwickeln. Aber da sind wir wieder bei Innovation. Da muss man sich auf neue Wege wagen. Offensichtlich sind die bisherigen Ansätze nicht so erfolgreich. Und gerade bei diesem Lieblingsthema, Entscheidun<sgskompetenz, erleben wir seit 20 Jahren Revolutionen in der Forschung. Das „Wie“ ist hier also die Frage. Also wie versuchen wir Entscheidungskompetenz zu vermitteln.

Host: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass neue Lernansätze nicht nur kurzfristig das Engagement steigern, sondern auch langfristig in die Unternehmenskultur integriert werden?

Wallmeier: Der Lernansatz ist dabei nicht so entscheidend wie der Inhalt. Schafft man den Leuten etwas drauf, was gezielt abrufen müssen, wird es schwierig, weil die Kapazitäten begrenzt sind. Investiert man in einen Meta-Skill, den der Mitarbeiter nicht abrufen muss, sondern der seine Intuition verändert, hat man auch gute Chancen eine Kultur zu prägen.

Host: Welche innovativen Lernmethoden fördern besonders die kritische Denkfähigkeit und Problemlösungsstrategien, die für zukunftsorientierte Entscheidungen notwendig sind?

Wallmeier: Ich will das einfach halten. Entscheidungen haben für mich einen klaren Kern. Kenne ich die Konsequenzen meiner Entscheidung mit Sicherheit, ist meine Entscheidung trivial. In einer solchen Welt leben wir nicht, sondern in einer unsicheren. Das heißt wir müssen lernen, unsichere Dinge so gut es geht einzuschätzen, um die Unsicherheit so weit es geht zu reduzieren. Menschen hassen das, jeder versucht sich eine übersichtliche kontrollierbare Welt zu bauen. Die gute Nachricht ist, lassen sich Menschen darauf ein mit Unsicherheit umzugehen, werden sie schnell und nachhaltig besser darin. Also ganz klare Empfehlung: Fokus auf Einschätzungskompetenz, daraus folgt Entscheidungskompetenz.

Host: Wie können Unternehmen den Erfolg von spielbasierten Lernprogrammen und Upskilling-Initiativen messen, insbesondere im Hinblick auf verbesserte Entscheidungsfindung?

Wallmeier: Da kann ich nur anknüpfen: Die Entscheidung an sich ist nicht messbar. Was eine gute oder eine schlechte Entscheidung ist, ist zum hohen Grad subjektiv. Die Entscheidungsgrundlage ist aber messbar. Wie gut schätzen die Leute die Szenarien ein? Hier sind sowohl individuelle Entwicklung als Vergleiche bestens messbar.

Host: Wie beeinflusst die Förderung einer Lernkultur das Engagement der Mitarbeiter und ihre Bereitschaft, sich aktiv an strategischen Entscheidungen zu beteiligen?

Wallmeier: Das würde ich auch gerne wissen. Ich bin hier, um mehr darüber zu erfahren, wie sehr Unternehmen dieses anstreben. Meine Annahme ist, dass dort ein enorm großer Hebel liegt. Die Frage ist für mich, wie spürbar ist die Beteiligung? Schafft man es die Beteiligung mit den Stärken eines Mitarbeiters zu verknüpfen, gerade, wenn man diese über Skill-Entwicklung identifiziert hat? Es wird wichtig sein, nachzuvollziehen, wie man beteiligt wird. Beteiligung und Wertschätzung gehen da vermutlich am besten Hand in Hand.

Host: In welchen Branchen hat spielbasiertes Lernen besonders großen Einfluss auf die Fähigkeitenentwicklung, und warum sind diese Methoden dort besonders effektiv?

Wallmeier: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es generelle Unterschiede gibt. Ich halte das mehr für eine Frage, ob man schon den richtigen match gefunden hat. Das richtige Spiel für Branche, Rolle, und Fähigkeit zu finden, ist sicher keine triviale Aufgabe. Ich bin aber sicher, für jede Anforderung gibt es die Lösung. Überall muss gelernt werden, es in Spielen zu verpacken hilft. Ich lasse mich aber gerne von Praxiserfahrung korrigieren.

Host: Welche Rolle spielen neue Technologien, wie KI und virtuelle Realität, bei der Gestaltung innovativer Lernansätze zur Verbesserung der Entscheidungsfindung?

Wallmeier: KI ist für mich in erster Line ein Inhalt bei Verbesserung von Entscheidungsfindung. KI wird nicht eingeführt, sondern ist schon lägst da. Das Potenzial davon zu nutzen, beginnt nicht erst beim aktiven Umgang mit einer KI, wie etwa dem Prompten, sondern bei der Einschätzung der von der KI bereitgestellten Informationen. Wie gewinnt man Vertrauen im Umgang mit den Informationen? Dafür ist KI-literacy wichtig. Beispielweise laterales Lesen, wie erkenne ich, was Murks ist, und was echt ist. Das ist sehr verwandt, was wir mit Medienkompetenz und Fake news schon lange auf dem Teller haben, aber gerne vor uns herschieben.

19. Oktober 2024